Şahmaran ist eine der bekanntesten und faszinierendsten Figuren der türkischen, kurdischen und persischen Mythologie. Ihr Name setzt sich aus den Wörtern „Şah“ (König) und „Maran“ (Schlangen) zusammen, was sie als Königin der Schlangen bezeichnet.
Der Oberkörper von Şahmaran ist der einer schönen Frau und würde man nicht den Rest des Körpers sehen, so würde man der Täuschung erliegen. Doch der Unterkörper von Şahmaran ist der einer Schlange, was sie zu einem Mischwesen macht. Inmitten von zahllosen Schlangen, die sie selbst als ihre Kinder betrachtet, lebt sie in einer unterirdischen Höhle. Doch so unheimlich wie ihr Anblick anmuten mag, so wird sie doch stets mit Weisheit und Mitgefühl assoziiert. Man erzählt sich, dass sie voller Güte sei und immense Heilungskräfte besitzt.
Die Legende von Şahmaran
Wie bei allen Mythen, so sind auch um Şahmaran verschiedenste Versionen entstanden. Eine der bekanntesten Erzählungen über sie lautet jedoch:
Cansab, ein junger Mann der sich im Wald verirrt hatte, entdeckte zufällig eine Höhle. In dieser Höhle begegnete er dem Mischwesen Şahmaran, das ihn freundlich aufnimmt. Sie lehrt Cansab viele ihrer Geheimnisse und gibt ihre Weisheit an den jungen Mann weiter. Auch ihre Heilkunst vertraut sie ihm an und unterrichtet ihn intensiv darin.
Nach einer Weile will Cansab jedoch in seine Welt zurückkehren. Unter der Bedingung, dass Cansab Şahmarans Versteck niemals in seinem Leben verrät, erlaubt das Wesen ihm die Höhle zu verlassen und in seine Welt zurückzukehren.
Eines Tages wird der König des Landes schwer krank. Stimmen werden laut, dass er sterben wird. Und in der Masse verbreitet sich der Gedanke, dass nur Şahmarans Fleisch in der Lage wäre ihn noch zu retten. Cansab hatte den Menschen ihr Versteck nicht verraten. Jedoch hatte er ihnen gesagt, dass er bei ihr gelebt hat. Dieses Wissen benutzte das Volk, um Cansab dazu zu zwingen Şahmarans Versteck zu verraten. Infolgedessen, wird sie gefangen genommen und schließlich getötet.
Kurz bevor das mächtige Wesen stirbt, spricht es eine Prophezeiung aus: Derjenige, der ihr Fleisch isst, wird große Weisheit, Wissen und Macht erlangen. Derjenige, der jedoch ihr Wasser trinkt, wird sterben. „Ihr Wasser“ wird auch manchmal als „ihr Blut“ bezeichnet. In Manchen Versionen wird der Verräter gezwungen ihr Blut zu trinken. In anderen wissen die Beteiligten nicht, dass ihr Blut tödlich ist. Auch wird manchmal erzählt, dass die Nachkommen des Verräters noch immer beeinflusst werden. Der König wird geheilt, doch Şahmarans Fluch bleibt seither in der Welt gefangen.
Symbolik von Şahmaran
Der Mythos rund um Şahmaran trägt eine starke Symbolik. Die Weisheit verkörpert das Wissen, insbesondere in der Heilkunst. Sie ist ein Symbol für das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur. Außerdem ist ihre Geschichte eine Warnung vor Verrat und Missbrauch von Vertrauen.
Einfluss in der türkischen, kurdischen und persischen Kultur
Seinen Ursprung hat der Mythos im antiken Iran in Persien. In Persien haben Schlangen seit jeher eine bedeutende symbolische Rolle als Wesen mit verborgenem Wissen und spirituellen Kräften. Sie werden oft mit Weisheit, Magie und der Verbindung zu uralten Kräften assoziiert, was sich auch in der Figur von Şahmaran widerspiegelt.
In der Volkskunst ist Şahmaran ein häufiges Motiv. So findet man sie z. B. auf Teppichen und Keramiken, vor allem in Südostanatolien. Auch wenn ihre Geschichte in der gesamten türkischen Bevölkerung weit verbreitet ist, so erzählt man sie sich doch überwiegend in den kurdischen und anatolischen Gemeinschaften. In der kurdischen Gesellschaft gibt es eine lange Tradition des Geschichtenerzählens, in der Mythen, Legenden und Märchen von Generation zu Generation weitergegeben werden. Diese mündliche Tradition hat stark dazu beigetragen, dass der Mythos in der kurdischen Gesellschaft weit verbreitet ist.
In türkischen Filmen und Serien gibt es moderne Adaptionen ihrer Legende. Das zeigt, dass ihr Mythos bis heute weiterlebt und noch immer einen großen Wert besitzt. Şahmaran bleibt somit ein starkes Symbol für Mythologie, Moral und Menschlichkeit in der türkischen, kurdischen und persischen Kultur.
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