Eine Splitterwelt umgibt uns. Zerbrochen und fragmentiert liegt sie da – direkt vor unseren Füßen. Wie eine unendliche Scherbenlandschaft erstreckt sie sich bis zum Horizont und darüber hinaus.
Planeten kreisen um Sonnen, Sonnensysteme finden ihre Ordnung in Galaxien, während Menschen sich in Städten versammeln, getrennt durch Grenzen und Zäune, wie Kuchenstücke sauber voneinander getrennt. Als krönende Sahnehaube thronen Flaggen hoch über unseren Köpfen. Symbole der Unterscheidung.
In einer Welt aus Splittern zu leben, bedeutet, Trennlinien zu ziehen – zwischen Ländern, Menschen, Rechten und zwischen dem was wir zu sein glauben und dem, was wir wirklich sind.
Doch es gab eine Zeit, bevor die Welt in eine Splitterwelt zerfiel. Die Zeit, bevor wir Menschen mit unseren scharfen Gedanken und dem unstillbaren Drang zu unterscheiden begonnen haben Linien zu ziehen. Damals war alles eins. Die Erde und der Himmel verschmolzen im Atem der Winde, Flüsse schlängelten sich wie Adern durch den Körper einer lebendigen, pulsierenden Einheit. Die Natur war die Urkraft. Ein unteilbares Ganzes, in dem jedes Blatt, jeder Tropfen und jeder Stein seinen Platz hatte – nicht getrennt, sondern verbunden.
Diese Welt war kein Mosaik aus Teilen, sondern ein endloser Tanz der Elemente. Ein Geflecht aus Licht und Schatten, das niemals zerriss. Die Kronen der Bäume griffen nach den Sternen und sangen die Lieder der Erde, während ihre Wurzeln tief in den Boden drangen. Alles war ein Kreislauf, ein Flüstern der Zeit, das uns die Geheimnisse der Ewigkeit lehrte. Ein Flüstern, das irgendwann zu leise wurde, um gehört zu werden.
Diese Welt, einst ein lebendiger, atmender Organismus, liegt nun wie ein geschändeter Körper vor uns. Flüsse, die einst das Blut der Erde waren, sind zu toten Linien verkommen, Wälder zu verstümmelten Gliedern, abgeschnitten von ihrem Puls. Mit jedem Zaun, jeder Mauer, jedem Schlag der Axt haben wir nicht nur die Einheit zerstört, sondern das Herz dieser Welt entzweigerissen – und damit auch unser eigenes. Die Trennung, die wir der Erde auferlegt haben, hat uns selbst zerbrochen. In Splitter, die wir nicht mehr zusammensetzen können. Denn innere Blutungen dieser Splitterwelt lassen das Leben dahinsiechen.
Doch inmitten dieser Trümmer und dem Lärm der Gegenwart, dringt ein Flüstern an die Ohren derjenigen, die hinhören. Es ist das Flüstern der Zeit. So rein, dass es sich wie ein Teil von uns anfühlt – als würde unsere Seele selbst angesprochen werden. In der Natur finden wir unseren Ursprung. Den Ursprung allen Lebens und den Quell aller Seelen auf der Welt. Die Menschen, die hinhören, hinfühlen und alle Sinne öffnen, spüren sie. Die Verbindung die niemals erloschen ist. Eine allumfassende Verbindung, die so komplex ist und sich doch so leicht anfühlt. So unverkennbar wahr.
Um die Wunden dieser Welt zu heilen, müssen wir uns wieder ihrem Herzschlag anpassen, mit ihr atmen, wachsen und blühen. Und dann endlich begreifen, dass wir sie nicht besitzen, sondern ein Teil von ihr sind.
Vielen Dank fürs Lesen meines Textes „Splitterwelt“. Eine Interpretation dessen, wie es sich anfühlen kann, die Verbindung zu spüren, kannst du in meinem Text Stille lesen.
Du hast vollkommen Recht mein lieber Rainer. Wir ärgern zu sehr unseren schönen Planeten nur aus Habgier und Macht. Ich hoffe, das eines Tages sich alles wieder zum guten richten wird😊
Auch wenn es traurig ist hast du es schön geschrieben und lädt zum nachdenken ein😊
Vielen Dank, für’s Lesen und deinen Kommentar. Ja, so ist es leider. Vielleicht lernen wir irgendwann dazu… Freut mich, dass dir der Text gefällt.
So traurig aber so wahr. Ein wenig Offenheit für die Menschheit statt sich zu verschließen. Wieder Verantwortung übernehmen…Krieger des Lichts, Göttinnen der Natur fehlen uns. Viel mehr Menschen wie du und ich bräuchte die Welt…
Vielen Dank für deinen Kommentar😊
Ja, die Menschen müssen „einfach“ wieder zu ihrem Ursprung – Der Natur zurückfinden. Leider scheint es jedoch noch ein langer Weg zu sein.