Selbstfindung ist oft ein Teil des Lebens. Doch muss ich mich erst finden, um jemand zu werden?
Die Zeit verstreicht, während wir mit der Frage hadern, wer wir sind. Manche Menschen gehen auf Pilgerreisen, um zu sich selbst zu finden. Andere meditieren oder verlassen ihre Komfort-Zone, um genau das herauszufinden. Und wieder andere wussten bereits wer sie sind und haben sich verloren. Irgendwo im Laufe der Zeit, haben sie sich selbst vergessen… Eine dicke Staubschicht hat sich auf die Antwort gelegt, nach der sie so dringend suchen. Wie von Asche nach einem Brand, die still und leise herabfällt wurde der Kern, die Essenz des eigenen Selbst, langsam aber sicher lebendig begraben.
Doch müssen wir, um jemand zu sein, auf die Suche gehen?
Wir alle werden mit einer Seele geboren. Diese mag alt oder noch jung sein. Doch wir sind komplett. Wir wachsen heran und lernen die Welt auf unsere Art kennen. Wir lernen zu denken, wie wir es für richtig halten. Wir lernen zu fühlen und zu leben. Und wir lernen uns selbst kennen.
Doch bei vielen Menschen kommt der Punkt, an dem sie das Gefühl haben, nicht vollständig zu sein. Ein Gefühl von innerer Leere. Sie spüren einen Verlust, der so schmerzhaft ist, dass sie sich eines Tages in einer Depression wieder finden. Einen Verlust, der nicht zu Greifen ist. Nur eine Ahnung, die wie Wasser durch unsere Hände rinnt und versiegt, bevor wir sie festhalten können. Ein Splitter eines Gedanken, der nur am Rande unseres Bewusstseins für einen kurzen Moment aufglimmt, wie von Sauerstoff gespeiste Glut, bevor er sich in Rauch auflöst und davon treibt.
Im Leben treffen wir so zahlreiche unterschiedliche Seelen, dass uns die Masse an Möglichkeiten bisweilen zu verwirren scheint. Wir messen uns mit anderen, vergleichen uns und streben nach dem Leben von Vorbildern. Wir lehnen Lebensarten ab und wenden uns vorurteilsbelastet gegen Fremdes. Und in all dem Gewirr aus Vergleichen, sich beweisen wollen und den Versuchen, Erwartungen gerecht zu werden, verdrängen wir unsere Seele still und heimlich unbewusst in den Hintergrund. Immer weiter und weiter wird sie unterdrückt, abgelehnt, in Frage gestellt oder zum Schweigen verurteilt. So lange bis wir merken, dass etwas nicht stimmt. So lange bis wir uns fragen… Wer bin ich?
Auf Reisen zur Selbstfindung, in der tiefen Meditation oder in der Einsamkeit, weit draußen, wo die Stille zu hören ist, versuchen wir den Teil von uns wiederzufinden, den wir vor der Welt versteckt haben. Den Teil, dessen wir uns geschämt haben. Den Teil, der zu laut sein wollte und nun so still ist, dass selbst das lauteste Rufen zum leisesten Flüstern geworden ist. Dieser besondere, wertvolle Teil, den wir unbewusst vergraben, verschlossen und mit Tränen aus Ablehnung ertränkt haben.
Wenn wir aufhören abzulehnen wer wir sind. Wenn wir anfangen zu lieben wer wir sind. Wenn wir damit beginnen, unsere Einzigartigkeit anzuerkennen und zu verstehen, dass wir ein großes Geschenk erhalten haben. Erst wenn wir dem Teil von uns, den wir verstecken wollten, ein zu Hause geben. Eine Heimat. Erst dann werden wir wieder vollständig sein. Erst dann werden wir wahrhaftig wissen, wer wir wirklich sind. Und erst dann können wir Frieden finden. Einen Frieden, der so tief reicht, dass wir den Bund unserer Seele mit der Erde spüren.
Selbstfindung ist oft ein Teii des Lebens. Doch der Weg dahin lohnt sich.
Sich selbst in dieser Welt nicht aus den Augen zu lassen und zu verlieren, ist vielleicht die größte Herausforderung überhaupt. Sich selbst zu akzeptieren, zu lieben und zu sich selbst zu stehen, ist die größte Anerkennung des Lebens.
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